Fragiles Wirtschaftswachstum, steigende Zinsen, sich verändernde Lieferketten und die Disruption bestehender Geschäftsmodelle werden Unternehmen in den kommenden Jahren vermehrt zu holistischen Restrukturierungen zwingen.

Schnell kann das Ausmaß einer Unternehmenskrise existenzbedrohend werden, verbunden mit einem dramatischen Wertverlust für Eigentümer, Fremdkapitalgeber oder Mitarbeiter.

Standen in den vergangenen Jahren operative Restrukturierungsmaßnahmen, zum Beispiel notwendige Anpassungen von Geschäftsmodellen und Organisationsstrukturen, im Fokus von Restrukturierungskonzepten, werden verstärkt auch wieder finanzielle Restrukturierungen Einzug in Sanierungspläne finden.

Zur Bewältigung dieser komplexen Herausforderungen ist ein breitangelegtes Kompetenzprofil notwendig, welches das schnelle Verständnis der Markt- und Unternehmenszusammenhänge ermöglicht, um die Unternehmenssituation nachhaltig zu verbessern. Erfolgsentscheidend ist dabei, mehrheitsfähige Stakeholderpositionen zu erarbeiten, um damit die Behebung der identifizierten Schwachstellen zu ermöglichen.

Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Restrukturierung

Basis einer erfolgreichen Restrukturierung ist ein klar definierter Restrukturierungsplan, der von einem erfahrenen Expertenteam fokussiert umgesetzt werden muss. Die Details hängen dabei im Wesentlichen von Art und Schwere der Krise und der Stakeholderstruktur des jeweiligen Unternehmens ab.

Betroffene Stakeholder werden der Umsetzung eines Restrukturierungsplans nur dann zustimmen, wenn dieser gewisse Mindestanforderungen erfüllt. So verlangen Fremdkapitalkapitalgeber in den meisten Fällen die Vorlage eines Restrukturierungskonzepts, das durch ein nach den Regeln des IDW S6 erstelltes Sanierungsgutachten validiert wurde und Elemente wie zum Beispiel eine Ursachenanalyse für die Unternehmenskrise, eine detaillierte Beschreibung der Restrukturierungsmaßnahmen sowie eine integrierte Finanzplanung für das sanierte Unternehmen enthält.

Ein Restrukturierungsplan folgt also bestimmten Anforderungen und wird unter der Berücksichtigung von unternehmensspezifischen, individuellen Merkmalen erstellt. Es gibt allerdings Faktoren, deren Existenz die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs einer soliden Planung und Umsetzung von operativen und finanziellen Restrukturierungen deutlich erhöht. Dazu gehören unter anderem:

  • Fokussierung auf das Wesentliche
  • Pragmatismus und Priorisierung
  • Der Chief Restructuring Officer als Manager der Restrukturierung
  • Die Rolle des Chief Restructuring Officers

Die Kompetenz, einen strukturierten Ansatz zu der Stabilisierung von Unternehmen in Krisensituationen zu entwickeln, sowie die Herstellung von Transparenz für alle Stakeholder in einem Restrukturierungsprozess sind in den betroffenen Unternehmen selten zu finden – geschweige denn die Fähigkeit, einen Konsens zwischen allen Stakeholdern über Ausmaß und Ausprägung der notwendigen Restrukturierungsmaßnahmen zu erzielen. Dies liegt typischerweise daran, dass den etablierten Managementteams die Erfahrung in existenzgefährdenden Situationen fehlt, die meist durch starken Druck und die intensive Einmischung von externen Stakeholdern gekennzeichnet sind.

Unternehmensintern wächst allerdings in Zeiten der Unsicherheit bei der Belegschaft der Bedarf an Führung und Kommunikation, wofür die Unternehmensleitung naturgemäß genau in dieser Situation wenig Zeit hat, nimmt doch das Bekämpfen der Krisensymptome den größten Raum im Tagesgeschäft ein. Zudem wechseln nicht selten die Ansprechpartner bei den Stakeholdern des Unternehmens hin zu auf Krisenentwicklungen spezialisiertem Personal, das ein deutlich stärker ausgeprägtes Informationsbedürfnis hat als die Ansprechpartner vor der Krise. Diesen gestiegenen Anforderungen Rechnung zu tragen ist die Kernherausforderung an das Unternehmen in Krisensituationen.

Für die Erstellung und Umsetzung eines Restrukturierungskonzepts bestehen Stakeholder daher häufig auf der Nominierung eines erfahrenen Chief Restructuring Officers (CROs). Die Beauftragung des CROs erfolgt auf Ebene der Geschäftsführung oder des Vorstands. In der Regel ist die Rolle bewusst als Organ positioniert und wird von erfahrenen Beratern unterstützt.

Ein CRO entlastet die Führungskräfte des Unternehmens, die über wenig Erfahrung in Restrukturierungssituationen verfügen. Der CRO übernimmt die Verantwortung für die Erstellung und Umsetzung des Restrukturierungskonzepts und verschafft damit der übrigen Geschäftsleitung den Freiraum, sich weiter um das operative Geschäft zu kümmern.

Ein CRO-Engagement ist zeitlich begrenzt und verbunden mit messbaren Zielen, wie der erfolgreichen Umsetzung oder unumkehrbaren Einleitung der wesentlichen Restrukturierungsmaßnahmen. Sobald diese Ziele erreicht sind, beginnt der Exitprozess des CROs, um internen und externen Stakeholdern zu signalisieren, dass das Unternehmen den Krisenmodus verlassen hat.

Die Aufgaben des CROs

Die CRO-Position ist die eines Interimsmanagers, der alle Aufgaben des Krisenmanagements vereint.

Typische Aufgaben eines CROs sind:

  • Ansprechpartner für alle restrukturierungsbezogenen Sachverhalte (intern und extern) sein
  • Entwicklung von detaillierten Restrukturierungsmaßnahmen aus allen operativen und nichtoperativen Bereichen des Unternehmens
  • Erarbeitung eines robusten Restrukturierungs- und Umsetzungsplans, inklusive einer integrierten GuV-, Bilanz- und Cashflowplanung, die sämtliche Restrukturierungsmaßnahmen berücksichtigt
  • Verhandlungen über die Beiträge aller Stakeholder zur Sanierung des Unternehmens
  • eine regelmäßige Kommunikation mit allen wichtigen Stakeholdern, insbesondere mit den finanzierenden Banken
  • Erarbeitung kurzfristiger Liquiditätsplanungen und wirksamer Liquiditätsmaßnahmen, inklusive deren Umsetzung
  • Risikomanagement, um das Managementteam innerhalb der Krise abzusichern
  • Übernahme der Verhandlungsführung der Refinanzierung mit den Eigen- und Fremdkapitalgebern
  • stringente Umsetzung der strukturellen, operativen und finanziellen Restrukturierungsmaßnahmen

Eine der wichtigsten Aufgaben des CROs ist das Management der unterschiedlichen Stakeholdergruppen mit dem Ziel, von jeder einzelnen einen angemessenen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu erhalten. Die größte Wirkung im Einsatz eines CROs ergibt sich daraus, dass der CRO fokussiert für die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen verantwortlich und als von der Vergangenheit unbelasteter Manager bei Verhandlungen als ehrlicher Makler (Honest Broker") der Sache verpflichtet ist.

Wichtige Eigenschaften erfolgreicher CROs

Interimsmanagern eilt der Ruf voraus, temporäre Kapazitätsengpässe auszugleichen. Das wird aber sowohl den umfangreichen Aufgabenbereichen wie auch den typischen Anforderungen an einen CRO nicht gerecht. In den meisten Fällen, in denen Interimsmanager als CRO engagiert werden, sind spezifisches Know-how und profunde Restrukturierungserfahrung erforderlich. Da Restrukturierungsprozesse oft alle Bereiche des Unternehmens betreffen, muss der CRO Erfahrung und Kenntnisse in verschiedenen Disziplinen besitzen.

Ein CRO muss in erster Linie ein Manager mit einer breiten operativen Erfahrung als Führungskraft sein, der bereits in der Vergangenheit Restrukturierungsprozesse geleitet und vorangetrieben hat. Diese Eigenschaft ist unerlässlich, um in einem Restrukturierungsprojekt Glaubwürdigkeit bei allen beteiligten Parteien zu erlangen.

Letztlich hängt der Erfolg eines Restrukturierungsprozesses davon ab, ob die oft gegensätzlichen Interessen einer großen Gruppe von Stakeholdern miteinander in Einklang gebracht werden können. Um dies zu erreichen, muss der CRO eine echte Führungspersönlichkeit sein, die sich proaktiv auf die Suche nach Lösungen begibt und im Rahmen unzähliger Gespräche und Verhandlungen die Akteure von den Vorzügen ihres Aktionsplans überzeugen muss. Dabei muss der CRO Verhandlungsgeschick beweisen und die Interessen der verschiedenen Parteien ausbalancieren können. Dies setzt voraus, dass der CRO Erfahrung in der Verhandlungsführung mit Eigen- und Fremdkapitalgebern sowie mit Arbeitnehmervertretern hat und ein solides Verständnis für die Positionen dieser Stakeholdergruppen besitzt.

Fundierte finanzwirtschaftliche Fähigkeiten sind insbesondere für die Erstellung von Businessplänen sowie für Liquiditätsplanung und -management unerlässlich, ebenso wie die Erfahrung in M&A-Prozessen, da der Verkauf von Unternehmensteilen oft Teil von Restrukturierungskonzepten ist.

Schließlich muss der CRO auch willensstark und mutig sein, um schwierige Entscheidungen in einem dynamischen Umfeld zu treffen. Dabei muss der CRO ein guter Changemanager sein, der Stringenz und Härte bei seinen Entscheidungen und bei der Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen zeigt, dabei aber gleichzeitig bei seinen Aktionen und Entscheidungen negative Emotionen, die einem Restrukturierungsprozess oft inhärent sind, berücksichtigt.

Frühzeitige Einbeziehung eines CROs für eine erfolgreiche Restrukturierung

Unternehmen verzögern die Ernennung eines Chief Restructuring Officers oft zu lange, da Krisen nicht als solche erkannt werden oder weil die Ernennung eines CROs als Zeichen der Schwäche angesehen wird.

Je früher ein CRO ernannt wird, desto mehr Optionen stehen dem krisengeplagten Unternehmen zur Verfügung und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Restrukturierung. Proaktiv handelnde Eigentümer und Unternehmensleiter mandatieren einen Restrukturierungsexperten als CRO, noch bevor dies eine Auflage der Fremdkapitalgeber wird.

Der CRO ist nur für einen begrenzten Zeitraum mit dem Unternehmen verbunden und hilft, eine Negativspirale zu durchbrechen und die Kontrolle über das Unternehmen zurückzugewinnen. Richtig aufgesetzt, ist die Mandatierung eines CROs ein wirksames und lohnendes Instrument, um gemeinsam mit der Geschäftsleitung eine Unternehmenskrise zu bewältigen und Werte für alle Stakeholder zu sichern.

Originally published by Restructuring Business.

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