Erweiterung Des AIA Auf Kryptowerte

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Bär & Karrer

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Am 15. Mai 2024 hat der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren zur Erweiterung des internationalen automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen ("AIA")...
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Am 15. Mai 2024 hat der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren zur Erweiterung des internationalen automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen ("AIA") auf Kryptowerte eröffnet.1 Bislang fand ein AIA nur in Bezug auf Finanzkonten statt. Die entsprechenden Änderungen sollen per 1. Januar 2026 in Kraft treten, wobei der Datenaustausch ab 2027 auf Basis der angepassten Regelwerke erfolgen wird.

Dieses Briefing gibt einen Überblick über die vorgesehene Ausweitung des AIA auf Kryptowerte und beleuchtet deren wichtigste Implikationen. Für weitere Informationen und konkrete Handlungsempfehlungen stehen Ihnen die Autoren gerne zur Verfügung.

AIA in der Schweiz: Der AIA über Finanzkonten ist in der Schweiz am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Seit 2018 erfolgt der Datenaustausch zwischen der Schweiz und ihren Partnerstaaten. Die gesetzlichen Grundlagen zum AIA basieren auf den von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ("OECD") 2014 verabschiedeten Melde- und Sorgfaltsstandards für Informationen über Finanzkonten ("GMS"). Ziel des AIA ist es im internationalen Verhältnis steuerliche Transparenz (bislang für Finanzkonten) herzustellen. Die Schweiz hat sich dazu bekannt, auch allfällige Weiterentwicklungen der GMS umzusetzen.

EINLEITUNG

Seit der Umsetzung der GMS mittels der multilateralen AIA-Vereinbarung Finanzkonten2, sowie auf nationaler Ebene dem AIAGesetz ("AIAG")3 und der zugehörigen Verordnung ("AIAV")4, welche seit dem 1. Januar 2017 in Kraft sind, müssen Schweizer Finanzinstitute Kunden mit Ansässigkeit in einem Partnerstaat5 identifizieren und bestimmte Daten über diese Kunden6 der ESTV einmal jährlich melden. Die ESTV leitet die Daten automatisch an die zuständigen Behörden in den Partnerstaaten weiter, in welchen die Kunden ansässig sind. Gleichzeitig erhält die ESTV automatisch gleichartige Informationen von den zuständigen Behörden der Partnerstaaten über Finanzkonten in diesen Staaten von in der Schweiz ansässigen Personen.

Die GMS wurden von der OECD nun erstmals aktualisiert und durch den Melderahmen für den AIA über Kryptowerte ("MRK") ergänzt, wodurch neben Finanzkonten neu auch Kryptowerte vom AIA erfasst werden sollen. Sowohl die GMS als auch den MRK zählt die OECD als verbindliche AIA-Standards, welche entsprechend von den Partnerstaaten umzusetzen sind.

Mehrere Staaten haben bereits die Umsetzung des MRK angekündigt7, unter anderem nun auch die Schweiz. Eine Umsetzung des MRK in der Schweiz8 soll Lücken im Steuertransparenzdispositiv schliessend und eine Gleichbehandlung mit traditionellen Vermögenswerten und Finanzinstituten sicherstellen.

EINZELNE ANPASSUNGEN

Die bedeutsamste Anpassung des AIA betrifft die in diesem Briefing thematisierte Umsetzung der MRK durch die Schweiz und damit die Erweiterung des AIA auf Kryptowerte9. Dazu sind die völkerrechtliche Grundlage und die AIA-Vereinbarung Kryptowerte10 zu genehmigen und das AIAG sowie die AIAV zu ändern bzw. ergänzen.

Der AIA über Kryptowerte soll der gleichen Systematik wie der AIA über Finanzkonten folgen. So sollen automatisch und in regelmässigen Abständen Informationen über Transaktionen mit Kryptowerten zwischen jeweils zwei Partnerstaaten ausgetauscht werden, wobei die AIA-Vereinbarung Kryptowerte die Modalitäten dieses Austauschs regelt.

Konkret werden sich Anbieter von Kryptodienstleistungen, die einen relevanten Nexus11 zur Schweiz haben, unaufgefordert bei der ESTV anmelden müssen. Als Anbieter von Kryptodienstleistungen qualifizieren natürliche Personen oder Rechtsträger, die Dienstleistungen zur Durchführung von Tauschgeschäften für Kryptowerte und Fiat-Währungen für oder im Auftrag von Kunden erbringen oder die hierfür eine Handelsplattform zur Verfügung stellen.

Anbieter von Kryptodienstleistungen sind verpflichtet, bestimmte Informationen12 über sich selbst, die meldepflichtigen Personen (d.h. die Kryptowertnutzer bzw. Kunden der Anbieter) und die Transaktionen (Übertragung / Tausch) mit Kryptowerten13 zu sammeln. Die Informationen müssen anschliessend jährlich innert sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres an die ESTV übermittelt werden, welche anschliessend die Daten an die relevanten Partnerstaaten weiterleitet. Die Anbieter von Kryptodienstleistungen haben ferner Informationspflichten gegenüber den meldepflichtigen Personen, die analog der Regelung für meldende schweizerische Finanzinstitute unter dem bestehenden AIA aufgebaut sind. Entsprechend müssen meldepflichtige Personen einmalig, vor der erstmaligen Übermittlung von sie betreffenden Informationen in Kenntnis gesetzt und auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden.

Die Erweiterung des AIA auf Kryptowerte geschieht nur gegenüber den Partnerstaaten, mit welchen dies bilateral vereinbart und mittels Notifikation aktiviert worden ist und somit nicht automatisch mit allen Partnerstaaten, mit denen ein AIA über Finanzkonten erfolgt.

NÄCHSTE SCHRITTE

Die Vernehmlassungsfrist dauert bis am 6. September 2024. Anschliessend werden die Entwürfe und die Botschaft zu Händen des Parlaments erarbeitet. Die völkerrechtlichen Grundlagen, das Addendum zur AIA-Vereinbarung Finanzkonten und die AIA-Vereinbarung Kryptowerte müssen von der Bundesversammlung genehmigt werden und unterstehen dem fakultativen Referendum. Die Anpassung der AIAV liegt in der Kompetenz des Bundesrates. Das Inkrafttreten der neuen Regelwerke ist auf den 1. Januar 2026 vorgesehen. Ein erster Datenaustausch bezüglich Kryptowerte mit den Partnerstaaten, mit welchen die Erweiterung des AIA auf Kryptowerte vereinbart wurde, würde sodann im Jahr 2027 erfolgen.

WÜRDIGUNG

Die Ausweitung des AIA auf Kryptowerte zeigt deren zunehmende Bedeutung und das damit einhergehende Bestreben nach internationaler Steuertransparenz auch in diesem Bereich. Während in der Schweiz bei der Veräusserung von Kryptowerten aus dem Privatvermögen im Regelfall nach wie vor ein steuerfreier Kapitalgewinn realisiert werden kann (mit gewissen Einschränkungen, z.B. gewerbsmässiger Handel), können Erträge aus dem Halten und Verleihen von Kryptowerten (z.B. Erträge aus Staking (ggf. auch via Pools) oder der Nutzung von DeFi-Protokollen sowie auch Airdrops) steuerbares Einkommen darstellen. Ferner kennt die Schweiz eine jährliche Vermögenssteuer, welche Kryptowerte mitumfasst.

Aufgrund der dezentralen Natur der Krypto-Investments (z.B. Verwendung verschiedener Wallets) sowie der regelmässig nicht offensichtlichen oder eindeutigen Qualifikation der verschiedenen Kategorien von Kryptowerten bzw. Arten von Investments in Kryptowerten und der daraus zufliessenden Erträgen kann eine komplette und korrekte Deklaration der resultierenden Erträge und Werte für Zwecke der Einkommens- und Vermögenssteuer zuweilen eine gewisse Herausforderung darstellen. Insbesondere bezüglich Bewertungsfragen, Umgang mit praktischen Schwierigkeiten (welche Informationen bzw. Unterlagen sind für die Deklaration nötig, wie sind diese erhältlich und wie soll widrigenfalls bei der Deklaration vorgegangen werden), die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerbsmässigem Handel mit Kryptowerten und damit auch die Abgrenzung zwischen steuerfreiem Kapitalgewinn und steuerbaren Einkünften stellen sich oft anspruchsvolle Fragen, bei welchen der Beizug eines Steuerberaters sinnvoll sein kann. Sollte die Analyse entsprechenden Handlungsbedarf aufzeigen, wären mögliche Massnahmen zu diskutieren, die je nach Situation variieren können (z.B. Einholung von Auskünften / Steuerrulings für geplante Sachverhalte, Beratung bezüglich steuerlicher Strukturierungsmöglichkeiten für Investments in Krypotwerte und ggf. andere Vermögenswerte, Unterstützung bei der Deklaration von Kryptowerten im Rahmen der jährlichen Steuererklärung etc.). Allfällige nötige Korrekturen betreffend die Vergangenheit sind i.d.R. via Nachdeklaration / Rektifikat für offene Steuerperioden und / oder einer (einmalig straflose) Selbstanzeige für bereits definitiv veranlagte Steuerperioden möglich. Hierbei ist zu beachten, dass die Selbstanzeige aus eigenem Antrieb zu erfolgen hat, d.h. die Steuerverwaltung von den zur Anzeige gebrachten Steuerfaktoren noch keine Kenntnis haben darf. Die Ausdehnung des AIA auf Kryptowerte wird den diesbezüglichen Anwendungsbereich in Zukunft entsprechend einschränken.

Footnotes

1. Neben der Erweiterung des AIA auf Kryptowerte enthält die Vernehmlassungsvorlage eine Reihe weiterer Anpassungen, welche mittels Unterzeichnung eines Addendum zur AIA-Vereinbarung Finanzkonten und Anpassungen im AIAG und der AIAV umgesetzt werden sollen. Das vorliegende Briefing beschränkt sich auf die vorgesehene Erweiterung des AIA auf Kryptowerte.

2. Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (SR 0.653.1).

3. Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) vom 18. Dezember 2015 (SR 653.1).

4. Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAV) vom 23. November 2016 (SR 653.11).

5. Die fortlaufend aktualisierte Liste der Partnerstaaten ist abrufbar unter: https://www.sif.admin.ch/sif/de/home/multilateral/steuer_informationsaust/automatischer-informationsaustausch/automatischer-informationsaustausch1.html.

6. Zu melden sind Kontonummer, Name, Adresse, Geburtsdatum, Steueridentifikationsnummer, Zinsen, Dividenden, Einnahmen aus bestimmten Versicherungsverträgen, Guthaben auf Konten, Erlöse aus der Veräusserung von Finanzvermögen.

7. In der EU erfolgt die Umsetzung im Rahmen einer Überarbeitung der Amtshilferichtlinien (DAC 8) per 1. Januar 2026.

8. Konkret umfasst die Vernehmlassung die Umsetzung der GMS und des MRK mittels der Genehmigung des Addendums zur AIA-Vereinbarung Finanzkonten und der AIA-Vereinbarung Kryptowerte sowie die Anpassung des AIAG sowie der AIAV.

9. Definiert als "digitale Darstellung eines Wertes, die auf einer kryptografisch gesicherten Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie beruht, um Transaktionen zu validieren und zu sichern". Nicht darunter fallen u.a. digitale Zentralbankwährungen oder auch Kryptowerte, für welche der meldende Anbieter von Krypto-Dienstleistungen hinreichend festgestellt hat, dass sie nicht für Zahlungs- oder Anlagezwecke verwendet werden können (vgl. MRK, Abschnitt IV).

10. Die AIA-Vereinbarung Kryptowerte enthält den MRK als ins Schweizer Recht zu übernehmende Beilage.

11. Steuerliche Ansässigkeit, Gründung, Verwaltung oder Ort der Geschäftstätigkeit in der Schweiz.

12. Vgl. Abschnitt II MRK bzgl. den Meldepflichten.

13. Einzelhandelszahlungstransaktionen sind ab einem Schwellenwert von USD 50'000 zu melden.

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.

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